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Brief von Max Bruch an Ernst Rudorff Musikwissenschaftliches Institut Köln Max-Bruch-Archiv Signatur: Br. Korr. 154, 455
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Brief von Max Bruch an Ernst Rudorff Musikwissenschaftliches Institut Köln ; Max-Bruch-Archiv
Signatur: Br. Korr. 154, 455
Bruch, Max (1838-1920) [Verfasser], Rudorff, Ernst (1840-1916) [Adressat]
31.12.1891. - 8 Seiten, Deutsch. - Brief
Inhaltsangabe: Transkription: Lieber Freund, Die Weihnachszeit hat sich bei uns durch viele Besuche von Freunden u. Bekannten, verschiedenen Bescherungen für die Kleinen etc. zwar sehr erfreulich, aber auch so unruhig gestaltet, daß es mir leider nicht möglich war, Dich zu besuchen; ich denke aber, daß es bald nach Neujahr endlich dazukommen wird! Inzwischen möchte ich Dir schon heute ganz vertraulich von einer Sache sprechen, die mir am Herzen liegt. Ich habe Prof. Dr. J. Schäffer in Breslau / wie Du weißt Director der Sing-Akademie / als neues ord. Mitglied der Kgl. Akademie in Vorschlag gebracht, und möchte Dich bitten, für ihn zu stimmen. Sachlich läßt sich die Ernennung durchaus rechtfertigen, denn er hat seit mehr als 30 Jahren an der Spitze des ersten Chorvereins Schlesiens in rühmlichster Weise im Dienste der wahren Kunst gewirkt; er ist der erste Musiker Schlesien, und einer der wenigen, die dort dem Ansturm der musikalischen Social-Demokratie bis jetzt erfolgreich bekämpft haben. Aber – wie macht man ihm jetzt das Leben sauer.! Dieselben Schufte, die mich vertrieben haben, reißen und rütteln jetzt an ihm, und es ist deßhalb unter uns gesagt, in hohem Grade wünschenswerth, daß eine nicht zu übersehende, entschiedene Anerkennung von außen seine Stellung in den Augen der großen Menge stärke. Blumner u. Gernsheim werden jedenfalls für ihn stimmen. Radecke wohl auch – ich werde selbst mit ihm reden. Joachim hat es Schäffer ein wenig verdacht, daß derselbe in früherer Zeit einmal in Angelegneheiten der Klavierauszüge der Händel-Gesellschaft gegen Chrysander geschrieben hat. Geschichten, und ich denke, in diesem Falle darf nur die Rücksicht auf Schäffers gesammte Thätigkeit maßgebend sein – und diese war, wie schon gesagt, eine durchaus rühmliche und ehrenwerthe. Auch mit Joachim will ich selbst reden; er wird wohl in dieser Sache nicht gegen mich sein; H. Hofmann wohl auch nicht. Dagegen ist Vierling höchst zweifelhaft; er wird wohl aus rein persönlichen Gründen Nein schreiben, und vielleicht auch ein paar andere beeinflussen - da Schäffer Vierlings unsterbliche Chormusik wenig oder gar nicht aufgeführt hat! – Nun noch etwas Anderes! Ich habe mich seit Jahren mit dem Gedanken getragen, alle innerliche Weihnachtsfreude, die ich von jeher empfand, einmal in einem besonderen Weihnachtsstück zum Ausdruck zu bringen. So habe ich denn nun vor Kurzem das sehr schöne Gedicht von R. Pritz: „Heil’ge Nacht mit Engelschwingen nahst du leise dich der Welt“ etc. für hohen Alt (Solo), gemischten Chor, Orchester und Orgel (obligat) componirt. Das Solo ist ganz und gar für die Stimme und die Vortragsweise meiner Frau geschrieben, und sie singst es wirklich rührend schön. Ich möchte das Stück im Frühjahr zum Stich geben, muß es aber vorher hören. Wäre das nun in einer von Deinen Sonntags-Matinéen in der Hochschule zu ermöglichen? Die Partitur wird wohl im Januar fertig, und das gesammte Notenmaterial wohl kaum vor Ende Februar – die Aufführung könnte also nicht vor Ende März oder April sein. Ueberlege die Sache, mein Lieber, - es würde mich außerordentlich freuen, wenn Du es einrichten könntest! – einstweilen habe ich nur eine ganz unleserliche und n icht mittheilbare Skizze; in der II. Hälfte des Januar kann ich Dir aber die Part. mittheilen. – Im II. Vers tritt, zu freier Figuration des Chors, in Trompeten, Posaunen und Orgel der Choral: „Vom Himmel hoch da komm‘ ich her“ auf (ff), und wiederholt sich in imitatorischen Verschlingungen pp im letzten Vers, während sich die Solostimme darüber in melodischen Wendungen bewegt. – Und nun Gott befohlen im neuen wie im alten Jahr! Wir bleiben Dieselben. Stets Dein tr. M.Bruch.Schaeffer, Julius (1823-1902) [Erwähnt], Blumner, Martin (1827-1901) [Erwähnt], Gernsheim, Friedrich (1839-1916) [Erwähnt], Chrysander, Friedrich (1826-1901) [Erwähnt], Radecke, Robert (1830-1911) [Erwähnt], Joachim, Joseph (1831-1907) [Erwähnt], Hofmann, Heinrich (1842-1902) [Erwähnt], Vierling, Georg (1820-1901) [Erwähnt]
Königliche Akademische Hochschule für Musik (1869-1902) [Behandelt]
Bemerkung: Max Bruch
Objekteigenschaften: HandschriftPfad: Max-Bruch-Archiv / Korrespondenz
DE-611-HS-4309290, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4309290
Erfassung: 15. Dezember 2025 ; Modifikation: 15. Dezember 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-12-15T12:36:21+01:00
