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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut KölnMax-Bruch-ArchivSignatur: Br. Korr. 154, 507

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Brief von Max Bruch an Ernst RudorffMusikwissenschaftliches Institut Köln ; Max-Bruch-Archiv

Signatur: Br. Korr. 154, 507


Bruch, Max (1838-1920) [Verfasser],Rudorff, Ernst (1840-1916) [Adressat]

11.03.1901. - 8 Seiten, Deutsch. - Brief

Inhaltsangabe: Transkription: Oben handschriftlicher Vermerk in Bleistift von ER: „Scharf gegen Adolf Schulze, sonst ungefährlich“Mein lieber Freund, Ich fühle mich verpflichtet, Dir die Mittheilung zu machen, daß ich den Sitzungen des Directoriums der Hochschule von jetzt an nicht mehr beiwohnen werde. Die Schuld trägt Herr Adolf Schulze, der mich wegen eines an sich geringfügigen Vorfalls bei der Prüfung seiner Schülerinnen nachher, bei der Lehrer-Conferenz, in so maßloser, geradezu niederträchtiger Weise angriff, daß mir irgend ein fernerer Verkehr mit ihm ganz unmöglich ist. Er hielt eine Rede, die eines Staatsanwaltes würdig war, und denuncirte mich dem Collegium geradezu als ein Monstrum, gebrauchte Ausdrücke wie „Ueberhebung“ etc. Ich blieb ihm auf dies Uebermaß an Arroganz und Flegelhaftigkeit nichts schuldig – und so sind wir denn ganz u. gar auseinander. Joachim suchte zu vermitteln, aber der Riß ist unheilbar. Im Uebrigen ist der ganze Unterschied nur, daß mir aus einem heimlichen Gegner jetzt ein offener Feind erwachsen ist!Und was war das Ganze? Eine Schülerin von Sch. sang die Scene der Penelope: „Hellstrahlender Tag“ (aus Odysseus); irgend eine kleine Hülfslehrerin begleitete; ich saß ganz vorne, dicht am Podium, gerade vor der Schülerin. Im Haupt-Tempo der Arie fingen Beide an derart zu eilen, daß ich es schließlich nicht mehr aushalten konnte und, eingedenk daß ich zufällig der Autor sei, mit einigen leisen Handbewegungen das Tempo zu reguliren versuchte. Da aber die oben sitzende Begleiterin ihren Stiefel weiterspielte, ging ich mit 2 Schritten zu ihr hinauf, und sagte leise: „Bitte nicht so zu eilen - Andante con moto!“ Dann setzte ich mich oben ruhig hin. Voilà tout! Vielleicht war es nun nicht ganz correct, daß ich die paar Schritte zum Flügel that – aber man ist nicht immer bloß Beamter wie Herr Schulze, sondern auch Künstler u. Componist! Das reichte aber hin, um den Unfehlbarkeitsdünkel des Menschen derart zu verletzen, daß er sich nun vornahm, mich vor dem ganzen Lehrer-Collegium gewissermaßen in Anklagezustand zu versetzen. Ich sagte ihm darauf u. A. auf den Kopf zu, er sei nur Gesanglehrer, u. als solcher keineswegs die competente Behörde für tempi – am Allerwenigsten, wenn der Autor zugegen sei; dieser allein sei in solchem Falle zuständig und maßgeben etc. Worauf er denn schließlich wutentbrannt mir die niederschmetternde Mitth. machte, seine Schüler würden bei den Prüfungen nie mehr eine Note von mir singen. Ich darauf: „Das würde mir sehr angenehm sein.“ – Ich habe gestern daran gedacht, den Hallunken zu fordern, denn die Beleidigung war zu blutig. Aber ich will u. kann nichts gegen die Landesgesetze thun, und vielleicht ein im ganzen doch rühmliches Leben so schließen.Immer wollte ich kommen, aber ich war wieder Wochenlang ekältet. Aber bald – viell. Mittwoch Nachmittag!Stets Dein alter getreuer M. Bruch

Bemerkung: Max Bruch

Objekteigenschaften: Handschrift

Pfad: Max-Bruch-Archiv / Korrespondenz

DE-611-HS-4310098, http://kalliope-verbund.info/DE-611-HS-4310098

Erfassung: 18. Dezember 2025 ; Modifikation: 18. Dezember 2025 ; Synchronisierungsdatum: 2025-12-18T10:56:09+01:00